22. Dezember 2022

Die 3 größten Herausforderungen für das digitale Marketing 2023

Was im kommenden Jahr wichtig wird und das Digitalmarketing vor Herausforderungen stellt. Eine Analyse aus Marketer-Sicht.

Spoiler-Alarm: Höchstwahrscheinlich sind die Daten, die Sie aktuell verwenden, rechtlich und technisch fehlerhaft. Wir müssen uns vom Online-Marketing, wie wir es kennen, verabschieden, da die meisten unserer geliebten Tools vor massiven rechtlichen, technischen und organisatorischen Herausforderungen stehen.

Aber starten wir zunächst mit einer kurzen Übersicht.

Von Anfang an war es uns wichtig, die Marketingbranche als Ganzes in den Entwicklungsprozess innovativer Produkte bei JENTIS einzubeziehen. In unzähligen Gesprächen mit Kunden, Agenturen, Branchenvertretern, Medienhäusern, Vermarktern, Datenschutzbehörden, öffentlichen Stellen und Mitarbeitern haben wir immer wieder drei grundsätzliche Herausforderungen festgestellt, vor denen die gesamte digitale Marketingbranche zu stehen scheint.

Wir haben diese Herausforderungen in die Kategorien technisch, rechtlich und organisatorisch eingeteilt und würden uns freuen, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Sie können sich jederzeit an uns wenden. Bitte beachten Sie, dass wir nur die Herausforderungen hervorheben – mögliche Lösungen werden wir in einem späteren Beitrag vorstellen.

Rechtliche Herausforderungen

Reden wir über eines der Lieblingsthemen im Online-Marketing: DSGVO, Consent und Tracking.

Obwohl die allgegenwärtige GDPR seit 2018 in Kraft ist, scheint sie mehr denn je die Schlagzeilen der großen Nachrichtenportale zu bestimmen. Nur ein paar Stichworte: Max Schrems, das neue EU-US Data Privacy Framework, das neue deutsche TTDSG, Google Fonts, Consent Banner und Teilurteile über die Rechtswidrigkeit von Google Analytics.

Weltweit gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als der Goldstandard für den Schutz personenbezogener Daten, zahlreiche neue Vorschriften rund um den Globus orientieren sich an ihr. Der Trend hin zum Datenschutz hat selbst China erreicht, das oft als Überwachungsstaat bezeichnet wird. Die chinesische Regierung regelt den Umgang mit personenbezogenen Daten zwischen Unternehmen inzwischen sehr drastisch, wenn auch zum Teil recht unterschiedlich zur DSGVO.

Weitere Beispiele gefällig? Kalifornien, Japan und Brasilien nähern sich mit ihren Vorschriften dem europäischen Datenschutzniveau an.

Der derzeitige Grundkonsens, dass amerikanische „Electronic Service Provider“ im Rahmen der GDPR kritisch zu betrachten sind, stellt unser gesamtes Ökosystem in Frage. Egal, ob es sich um Suchmaschinenwerbung, Website-Analytics, E-Mail-Tools, CRM-Tools oder einfache Integrationen in Websites handelt. De facto ist jeder Webseitenbetreiber betroffen. Und wie ein bekannter Anwalt es auf den Punkt gebracht hat: Wenn Sie glauben, dass die Einhaltung von Rechtsvorschriften teuer ist, versuchen Sie es einmal mit der Nichteinhaltung von Rechtsvorschriften.

Eine weitere pikante Entwicklung ist die aktuelle Diskussion um Consent Banner. Mehr als 80 % aller Websites verwenden sie nicht rechtskonform, was für die betreffenden Unternehmen zu rechtlichen Problemen führen kann.

Immer weniger Nutzer geben ihre Zustimmung zu „nicht notwendigen Cookies“, was zu immer weniger verwertbaren Daten führt. Neue technische Merkmale wie „automatische Ablehnungsfunktionen“ führen zu einem massiven Rückgang der Zustimmungsraten. Ghostery, einer der bekanntesten Werbe- und Tracking-Blocker, hat diese Funktion kürzlich eingeführt. Führende Webbrowser haben bereits angekündigt, im Jahr 2023 ähnliche Funktionen einführen zu wollen.

Eine naheliegende politische Lösung zur Regelung des berühmt-berüchtigten Datentransfers zwischen Europa und den USA zeichnet sich ab. In Oktober unterzeichnete US-Präsident Joe Biden eine Executive Order, die als Entwurf für das neue EU-US Data Privacy Framework, Nachfolger des Privacy Shield, dienen wird. Der Ball liegt nun bei den EU-Institutionen. Aber selbst wenn es irgendwann ein neues Regelwerk geben sollte, wird es wahrscheinlich vor Gericht angefochten werden, sobald es in Kraft tritt. Werden sie diesmal vor dem Europäischen Gerichtshof standhalten? Experten sind skeptisch.

Einige Digitalvermarkter erinnern sich vielleicht noch an die Zeiten, in denen niemand in Frage stellte, „Look-a-like-Audiences“ manuell mithilfe von Excel-Sheets und den E-Mail-Adressen von Kunden zu erstellen. Solche Praktiken sind von der Bildfläche verschwunden, was zugleich eine große Herausforderung darstellt.

Mehr und mehr stellen wir einen Wertewandel in der Branche fest. Wir müssen uns kritisch die Frage stellen: Ist es wirklich in Ordnung, dass wir als Branche zulassen, dass die persönlichen Daten unserer Kunden unkontrolliert in die große weite Welt geschickt werden? Noch dazu ohne deren Zustimmung, oder mit erschlichenem Consent?

„Wir respektieren Ihre Privatsphäre“ – diesen Satz hat der durchschnittliche Internetnutzer schon unzählige Male auf den Consent-Bannern im Internet gelesen. Aber die meisten Unternehmen haben ihren Worten keine Taten folgen lassen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass digitales Marketing immer mehr zu einer rechtlichen Spezialdisziplin wird. Doch damit sind wir schon beim nächsten Punkt:

Technische Herausforderungen

Digitales Marketing, wie wir es kennen, hängt in hohem Maße von Cookies von Drittanbietern ab, die zwar seit Jahren totgesagt sind, sich aber immer noch großer Beliebtheit erfreuen: Die meisten Retargeting- und Programmatic-Anbieter setzen auf sie, und auch die klassische Website-Analyse über Google Analytics oder Matomo schwört auf diese Technologie.

Doch das Fälligkeitsdatum für diesen Modus Operandi rückt immer näher: In den letzten Jahren haben die Browser die Verwendung von Drittanbieter-Cookies massiv eingeschränkt.

Alle Browser? Nein, einer wehrt sich noch: Google Chrome gewinnt kontinuierlich an Marktanteilen und hat die Unterstützung von Drittanbieter-Cookies noch nicht eingestellt. Google hat die Frist für das Ende der Cookies von Drittanbietern in Chrome zwei Mal nach hinten verschoben.

Ob diese Entscheidung Bestand hat, bleibt abzuwarten. Ab sofort können Ihre wertvollsten Kunden, die iPhone-Nutzer, aufgrund von Apples Tracking-Verhinderung nicht mehr korrekt getrackt werden. Nach dem Prinzip „Garbage in, garbage out“ wird auch Ihre Entscheidungsfindung fehlerhaft sein.

Aber der Trend ist klar: Technisch wird nichts mehr so funktionieren wie früher. Neben der zunehmend schlechten Qualität der Analysedaten verschärft eine weitere Entwicklung das Problem: Die Nutzung von Adblockern nimmt weiter zu und hat massive Auswirkungen.

Eine lustige Tatsache, die viele digitale Vermarkter nicht kennen: Ghostery, Adblock, uBlock und Co. sorgen nicht nur dafür, dass wir keine Display-Werbung mehr sehen und damit eine wichtige Einnahmequelle für Verlage wegfällt. Sie blockieren auch Drittanbieter wie Google Analytics.

Die Folge ist eine noch schlechtere Datenqualität, die die Entscheidungsfindung in Unternehmen negativ beeinflusst. Mehr und mehr verhindern diese Adblocker auch die Anzeige von Consent-Bannern, so dass die Nutzer nicht einmal mehr zwischen „Consent“ und „No Consent“ wählen können.

Übrigens gibt es mittlerweile 9.932 Marketingtechnologie-Tools auf dem Markt, die alle verstanden und richtig eingesetzt werden wollen. Wie viele davon können die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Ihrem Unternehmen wirklich bedienen?

Organisatorische Herausforderungen

Nach unserer Einschätzung ist dies die unmittelbarste Herausforderung für die Marketingbranche. Die Stichworte dazu: Fachkräftemangel, Personalprobleme, keine oder schlechte Bewerber für offene Stellen, die „Faulheit“ der jüngeren Generation, „die große Resignation“, „stilles Kündigen“, und so weiter.

Aber so einfach ist es nicht. Ein hochkomplexes Mosaik von Faktoren sorgt für einen perfekten Sturm.

Zum einen wächst die Nachfrage nach digitalen Fachkräften viel schneller als das Angebot. Allein in den letzten Jahren ist der E-Commerce-Sektor um über 30% pro Jahr gewachsen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass in der Branche mehr menschliche Arbeitskraft benötigt wird. Doch woher soll diese kommen? Mit immer komplexeren Aufgaben und einem Bildungssystem, das dafür vielleicht zu langsam ist?

Ebenso hat unsere Branche über Jahrzehnte hinweg Strukturprobleme produziert. All-in-Verträge, niedrige Einstiegsgehälter, schlechte Unternehmenskulturen und der permanente Pitchdruck sind für viele junge Menschen kein attraktives Szenario mehr. Wer Peanuts zahlt, bekommt Affen, hat ein weiser alter Werber einmal gesagt.

Auch die wachstumshungrigen internationalen Tech-Anbieter sind nach wie vor massiv auf der Suche nach Personal. Ein Beispiel: Der neue Social-Media-Star TikTok hatte noch vor wenigen Jahren keinen einzigen Mitarbeiter in Europa, jetzt sind es mehrere Tausend. Woher kommen sie alle?

Richtig, von anderen Unternehmen, die jetzt verzweifelt nach Personal suchen, wobei strukturelle Probleme dies erschweren. Hinzu kommt, dass alle großen Tech-Unternehmen derartige Gehaltssprünge anbieten, dass das „traditionelle“ digitale Marketing als Arbeitgeber nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Zwar gibt es im Moment Entlassungen, aber der Trend ist eindeutig.

Die „moderne Organisation“ muss sich also anpassen, was nachweislich sehr schwierig ist. Neben dem Personalproblem ist natürlich auch die neue Arbeitswelt, „New Work“, ein ständiger Wandel, der sich durch die COVID-19-Pandemie massiv beschleunigt hat. Für viele Unternehmen ist es schwierig, da mitzuhalten, was wiederum den Wert der Arbeitgebermarke mindert und damit zu geringeren Bewerberzahlen führt. Womit das Problem wieder von vorne beginnt.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir optimistisch sind: Unsere Branche hat sich von einer Nische zu einem breiten Markt entwickelt, und die meisten von uns arbeiten gerne in diesem Umfeld.

Gestatten Sie uns abschließend eine Frage an Sie: Was ist Ihre größte Herausforderung als Digital Marketer? Lassen Sie uns auf LinkedIn, Facebook oder Twitter darüber diskutieren!

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